Russland – Game Over (31.8. – 10.9.19)

Es klappte gut auf der unbefestigten Straße, zu gut, ich wurde unvorsichtig. Nach mehr als 30 Minuten Fahrt übersah ich ein größeres, tiefes Sandloch. Die Maschine schlingerte, ich schaffte es noch die Geschwindigkeit auf 25 km/h zu reduzieren aber letztlich verlor ich die Kontrolle und prallte schräg in eine Böschung. Der Aufprall und Sturz war unvermeidlich.

31.8. ca. 20:00, im Nirgendwo, Game Over.

Komisch, was einem in so einem Augenblick durch den Kopf geht. Bei mir war es, Scheiße, die 🐮, wie komme ich hier weg, wer hilft mir? Kein Gedanke ans eigene Befinden.

Zum Glück war ich nicht allein, kurz hinter mir folgte ein Minibus und ein kleiner Kasten-LKW. Die stoppen sofort und halfen mir auf. Sobald ich stand durchfuhr mich ein stechender Schmerz am linken Fuß. Nochmals Scheiße – vielleicht gebrochen. Aber ob der geneigte Leser das nun Glauben will oder nicht. Unter Schock stehend war mir das Scheiß egal. Was zählte waren die bereits oben formulierten Fragen. Die Jungs aus dem Minibus richteten die Maschine auf, der LKW Fahrer bot an, mich in die nächste Werkstatt, nach Astrachan zu bringen. Prima, da wollte ich sowieso hin. Ironie aus!

Ich war einfach nur froh, dass es helfende Hände gab, die meine Maschine, immerhin ca. 250kg anhoben und in den Laderaum des Klein-LKW schoben. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt nur humpeln. Man half mir ins Führerhaus und da merkte ich, dass der Fahrer mit seiner Frau unterwegs war. Sie hatte Platz gemacht und saß hinten. Wir fuhren los und als mein netter Fahrer merkte, dass ich Schmerzen hatte, durfte ich die Rücksitzbank mit seiner Frau tauschen. Hinten war es wesentlich bequemer, ich konnte mich legen, und die Stiefel ausziehen, was für eine Wohltat bei den Schmerzen im Fuß. Die nächsten Stunden verschlief ich, kurz wachte ich auf, wenn vorne im Radio der Muhezin rief. Die Beiden waren Gläubige. Irgendwann in der Nacht stoppten wir, Fahrer und Frau stiegen aus und ließen mich allein im Auto. Auf der Rücksitzbank gab es ein Kissen und Decken und so konnte ich getrost die Nacht dort verbringen. Mein Fuß schmerzte.

1.9.

Im Morgengrauen wurde ich automatisch wach und erst jetzt realisierte ich so recht, was passiert war und wie dumm ich mich verhalten hatte. Aber, so war mir auch klar, die Reise in der ursprünglich geplanten Abfolge war gestern gegen 20:00 zu Ende gegangen. Urplötzlich und nicht mehr zu korrigieren. Ich mußte umplanen. Aber zuerst mußte ich einmal aufstehen, mein Retter wartete außerhalb des Wagen und lud zum Frühstück ein. Doch wo waren wir eigentlich? Als ich Ausstieg bekam ich eine Vorstellung von den Lebensverhältnissen, in denen der brave Moslem lebte. Ein weites Schilffeld, mitten darin ein ausgedienter Schiffskontainer, als ein Zimmer Wohnung und daneben eine Holzhütte für seine zwei Kinder. Gerne hätte ich dieser Familie meine Gastgeschenke überreicht, aber ich kam nicht daran. Beim Verlassen des LKW mußte ich auftreten und mein Fuß meldete sich wieder schmerzhaft. Beim Tee, Brot, Gurken und einer Art Fäta Käse konnte ich dann erstmals einen Blick auf das schmerzende Teil am Ende meines Beins werfen. Geschwollen und am Knöchel in allen Farben leuchtend, begrüßte mich mein Fuß. Scheiß Kerl!

Ich tastete unter Schmerzen den Knöchel ab und Professor deriben entschied, entweder Sehnenabriss oder starke Prellung des Knöchels. Die Frage meiner Gastgeber ob Sie mich zum Arzt bringen sollten, verneinte ich. Ich wollte etwas tun, ich brauchte die Kontrolle zurück. So bat ich um Transport in eine Werkstatt. Und wie bei Aladin und die Wunderlampe wurde mir mein Wunsch gewährt. Könnte ich nur genauso leicht den gestrigen Tag löschen.

Wir fuhren nach Kamysjak oder Kamyzyak, das liegt ca. 30 km südlich von Astrachan an der Wolga oder besser gesagt mitten im Wolgadelta. Wer es genauer will, folgend die Koordinaten für Google Maps: 46 06 19.15N 48 04 12.99E

oder einfacher 46.105321, 48.070275

Wir suchten eine Motorradwerkstatt auf und der Eigentümer Kirill erweist sich als Glücksfall. Zuerst fragt er nochmals danach ob ich einen Arzt brauche, dann bringt er mich zu einem Telefonladen und als wir da nicht weiterkommen, man akzeptiert meinen Pass nicht, zu einem Zweiten. Auch dort gibt es Probleme und dann meldet er kurzerhand alles auf seinen Namen an. Nun habe ich wider ein einfaches Telefon mit russischer SIM und für das iPad eine SIM mit LTE und 50GB. Das Ganze für 800 Ruben (Kurs 73 zu 1€).

Danach ging es zu meiner Unterkunft, er und der freundliche LKW Fahrer hatten mir eine Herberge besorgt. Da die Reparatur mindestens 7 Tage dauern wird, bräuchte ich etwas preiswertes, so meine Freunde. Ich kam unter in einer typischen russischen Herberge. Mütterlich geführt, spartanisch, aber soweit sauber. Das Zimmer ist ok und weder warm noch zu laut. Dusche und WC befinden sich auf dem Flur, aber das kümmert mich nicht. Zuerst zeigte man mir das Doppelzimmer zu 900 Rubel die Nacht, das war mir zu teuer, ich denke schon etwas an die Reparaturkosten und welchen Eindruck Kirill von mir bekommt. Deshalb möchte ich auch die preiswerte Version, das Einzelzimmer zu 500 Rubel sehen. Der Unterschied ist das Doppelbett und die Raumgröße, das brauche ich nicht. So zahle ich im Voraus für 7 Tage mit der Kreditkarte. Nun müssen wir nochmals zur Werkstatt, damit ich meine Sachen abholen kann. Zusammen mit Kirill schleppe ich alles ins erste Stockwerk und danach bin ich echt fertig. Der Fuß schmerzt höllisch. Aber jetzt muss ich erst einmal Dani kontaktieren und Ihr mitteilen was passiert ist und das es mir soweit gut geht. Da ich nun eine Datenleitung habe, aktiviere ich mein VPN (Nord VPN) und per BBM tauschen wir uns aus. Die liebe Dani ist ziemlich aus dem Häuschen und so nutze ich mein Telefon für ein kurzes Gespräch. Danach ist der ADAC dran. Zuerst nur per Mail. Die ADAC Notfall App muss ich mir erst noch auf dem iPad herunterladen und zur Freischaltung fehlt mir meine Mitgliedsnummer. Erfreulicherweise meldet sich der ADAC per Mail sofort. Ich soll anrufen bzw. meine Mobilnummer mitteilen. Parallel teilt mir Dani per BBM meine Mitgliedsnummer mit. So bin ich gerüstet für den Rückruf. Auch habe ich zwischenzeitlich die ADAC App auf meinem iPad installiert. Die 50GB sei Dank. Dort kann ich auch meine Position bestimmen. Nicht, das dass auch mit anderen Apps möglich wäre, aber so dachte ich mir, wenn der ADAC dir schon helfen soll, mach es ihm so einfach wie möglich. Was soll ich sagen, der erste Anruf war etwas enttäuschend. Die Dame sprach von Überlastung da Hauptsaison sei und Minderungspflicht wegen Rücktransport. Außerdem könne Sie mich mit den angegebenen Koordinaten, wohlgemerkt aus der ADAC App, nicht lokalisieren. Den Ort würde Sie auch nicht finden, den Begriff Wolgadelta und die Großstatd Astrachan, damit könne Sie nichts anfangen. Mit Google würden der ADAC nicht zusammenarbeiten. Aha

Wir einigten uns darauf, dass ich nochmals alles per Mail schreiben würde und ich selbstverständlich alles mögliche für eine Reparatur versuchen wollte. Kirill ist ja schon dabei. Trotzdem wollte ich einen Joker in der Hinterhand haben. Mein Transitvisum läuft in 19 Tagen ab. Dann muss ich, am Besten mit der 🐮 das Land verlassen haben.

Somit aktivierte ich noch eine dritte Option. Slava, von KTM Slava Tours. Die Firma, die meinen Transport nach Georgien organisiert hat. Slava meldete sich kurz und knapp. Seine Rückmeldung, kein Problem, ich organisiere das. Nun gebe ich mir 7 Tage Zeit. Wenn möglich überführe ich die Maschine nach Georgien und fliege ab Tiflis zurück. Wenn dies nicht möglich ist, veranlasse ich einen Rücktransport – nach Ablauf von weiteren 7 Tagen – über den ADAC mit Slavas Hilfe. In der Zwischenzeit erholt sich mein Fuß und ich kann die Umgebung erkunden.

2.9.

Nachdem ich gestern alles organisatorische geklärt hatte, folgte nur noch Dusche und WC und dann wartete das Bett auf mich. Ich schlief sofort ein und erwachte erst im Morgengrauen. Ich bilde mir ein, der Fuß ist noch bunter und mindestens so geschwollen wie gestern, aber die Schmerzen haben nachgelassen und gehen klappt auch schon etwas besser. Es scheint zum Glück, nur eine Prellung des Knöchels zu sein. Heute sitze ich den ganzen Tag im Zimmer, korrespondiere noch etwas mit dem ADAC und Slava und halte Kontakt in die Heimat. Da ich ja genügend Verpflegung bei mir habe, ist das auch kein großes Problem, zumal ich ja nicht alles nach Hause schleppen will.

Morgen möchte ich die Umgebung erkunden und Kirill besuchen. Ich muß noch Aufnahmen von der 🐮 machen.

3.9. Erkundung von Kamysjak

Mitten im Wolgadelta aber auf direkter Route von Georgien nach Kasachstan. Ein idealer Ort für Reparaturen oder eine preiswerte Übernachtung.

Kirill‘s Werkstatt und sein GPS: 46.11262, 48.07285. Bei Overlander bereits eingetragen.

Meine Unterkunft und die Koordinaten: 46.10533, 48.06999. In der Overlander App findet sich bereits ein entsprechender Eintrag

Der Haupteingang
Mein Hotel, Seitenansicht

Morgens regnete es in Strömen, gut so, mein Fuß braucht noch etwas Ruhe, auch wenn er jetzt schon viel besser aussieht.

Der gesunde Fuß zum Vergleich

So gehen 13:00 Uhr, nach dem duschen, verlasse ich dann erstmals die schützende Höhle und gehe langsam und noch unter Schmerzen, Richtung Kirills Werkstatt. Er erwartet mich bereits und zeigt mir alle defekten Teile.

Die Gabelbrücke ist gerissen, das Cockpit zerstört und an einem Gabelholm ist zum Glück nur die Endschraube schief. Am meisten Sorgen bereitet mir aber die Felge bzw. der Vorderradreifen.

Er hält keine Luft, aber Kirill meint, dass bekommt er hin. Ich sehe in seiner Werkstatt, dass er auch Reifen montiert, es könnte somit klappen.

Für die Gabelbrücke und das Cockpit hat er bereits gebrauchten Ersatz in Moskau ausfindig gemacht. Einziger Nachteil, der Tacho ist in Meilen. Aber Hauptsache ich kann die 🐮 über die Grenze bringen. Einen Ersatztacho gibt es regelmäßig in der Bucht (eBay) für kleines Geld. Das ist jetzt das Stichwort und ich muß zum nächsten Geldautomaten bzw. zur nahe liegenden SberBank. Die Ersatzteile kosten 23000 Rubel / 74 und Vorkasse ist angesagt. So gehe ich ca. 2 km zur nächsten Bank zurück und stelle nebenbei fest, das es immer besser geht. Nach einer Stunde bin ich wider an der Werkstatt und nach der Bezahlung und einem netten Plausch fährt mich Kirill zurück. Er muß nun in die selbe Bank das Geld einzahlen, na prima, warum lässt er mich dann extra laufen? So ist halt Russland, freundlich aber manchmal etwas kompliziert.

Bei meiner Unterkunft ist auch ein Bierlokal. Hier gibt es mindestens 40 Sorten Bier. Einige in Flaschen, den Rest bekommt man in Plastikflaschen direkt aus Zapfhähnen aus der Wand. Frisch abgefüllt, verschlossen und gut gekühlt. 2 Sorten schaffte ich heute.

Danach ging’s ins Hotel bzw. das angeschlossene Restaurant. Hier gab es nun Suppe und Schnitzel mit Kartoffelbrei.

Nebenbei tat sich für Morgen ein Ausflug für mich auf. Es geht zum Fischen. Die nette Bedienung und Ihr Ehemann luden mich zum Fischen ein. Da sag ich nicht nein. Ab 9:00 geht es los. Gegen 20:30 liege ich im Bett, heute ist der erste Abend wo der Fuß nicht mehr permanent schmerzt und ich wider etwas Oberwasser habe. Gute Nacht.

4.9. Fischen und Zeit 💀 schlagen

Die Erschöpfung und der Schock sind wohl aus meinen Knochen. Erstes Indiz, ich schlief schlechter ein und ich regte mich nachts über das Hundegebäll vor meinem Fenster auf. So war ich zeitig wach und stand pünktlich um 9:00 parat. Abgeholt wurde ich von Malika. Mit Ihr zusammen ging es raus aus der Stadt und zum nächsten Wolgaarm. Dort fischten wir 1 1/2 Stunden und mit dem letzten Wurm gelang mir ein kapitaler Fang.

Danach ging es zurück. Ich hatte Malika, sie war die Bedienung im Restaurant, 90 Rubel Trinkgeld gegeben. Sie revanchierte sich mit dem Kauf von 2 Melonen 🍉 für mich. Ich wurde beim Hotel abgesetzt, verspeiste eine Melone, nervte Kirill mit weiteren Fragen und Wünschen und machte mich dann auf, den Ort von West nach Ost zu durchqueren.

Hier ein paar Impressionen vom einem Friedhof und einem Schiff fernab der Wolga.

Gerade war ich nochmals bei Kirill. Er hat mir die Tracking Nummer der Warensendung gegeben. Ich glaube, dass war ein Fingerzeig, ihn nicht ganz zu sehr zu nerven.

Aber wir haben noch ein zweites Problem. Mein Helm. Eine Visierbefestigung hat sich beim Unfall gelöst und auf nimmer Wiedersehen verabschiedet. Somit hält das Visier nicht mehr richtig und ich brauche Ersatz. Dieses gibt es wahrscheinlich nur in Moskau. Ich habe Kirill Bilder und eine Anschrift per Facebook gepostet. Ich hoffe, er kümmert sich darum. Ansonsten muss es ein Klebeband sein.

Während ich dies schreib, ist es 16:30 Ortszeit und ich sitze in meiner Bierbar. Gegen 17:00 will ich essen gehen und danach auf mein Zimmer. Der Fuß pocht leicht rhythmisch aber er hat den ganzen Tag mitgespielt, es geht somit aufwärts.

5.9,

Jetzt habe ich den ganzen Ort einmal umrundet und durchquert. Neben einer nett anzusehenden Kirche und dem obligatorischen 2 WK Denkmal gibt es wahrlich nicht sehr viel zu entdecken.

Ich stelle deshalb b.a.w. die Berichterstattung ein und melde mich erst wider, wenn ich aufbreche bzw. es gravierende Neuigkeiten zu berichten gibt.

Es ist jetzt 18:30, ich sitze in meinem Bierlokal und teste weitere Sorten. Morgen probiere ich hier einmal die hauseigene Pizza 🍕 und übermorgen will ich einmal versuchen, an Kaviar zu kommen. Somit ist dann wohl auch klar, dass ich noch etwas in diesem Ort verbleiben muss. Kirill, hat die Warensendung in der Beobachtung und meinte, es dauert mind. noch 7 Tage. Also vor dem 13/14.9. komme ich hier nicht weg. Wie sagt Kirill, it’s Russia. Trotzdem glaube ich, mit Kirill machte ich einen Glücksgriff. Er zeigte mir heute nochmals die „Obere Gabelbrücke“ und meinte, er hätte sie auch schweißen können, nur bei der ersten richtigen Bodenwelle wäre das Ganze dann gebrochen. Das Teil sei einfach zu dünn, die von Kawa oder Honda seien einfach stabiler und zum Beweis, zeigte er mir ein Beispiel. Wie dem auch sein, ich kann nicht verlangen, dass BMW Teile einbaut, damit meine Fahrfehler ausgeglichen werden.

Kirill sagte zudem, ich hätte richtig Glück. Die Ersatzteile sind normal nicht zu bekommen und eine Warenlieferung aus dem Ausland würde länger dauern. Ich kann es nicht beurteilen, ich kann nur hoffen, dass die Ersatzteile in Ordnung sind, keine unerkannten Defekte bestehen und die 🐮 nach der Reparatur anspringt. Bei der Felge und dem Reifen bin ich zwischenzeitlich sehr optimistisch, dass Kirill den dicht bekommt. Er meinte, da solle ich mir keine Sorgen machen, er wisse wie das geht. Auch zu meinem Helm deutet sich eine Lösung an. Heute morgen sah es noch recht schlecht aus. Das Ersatzteil bekommt man in 🇩🇪 im Paar für 3€. Hier ist es nicht lieferbar. Selbst beim Schuberth Vertragshändler in Moskau hieß es – keine Chance.

Irgendwie wurde Kirill dann etwas wirtschaftspolitisch.

Er meinte, vor den Sanktionen der USA und der EU hätte es den Russen besser gegangen. Sie hätten sich die guten Produkte aus dem Westen leisten können. Damals, so meinte er, war der Kurs 1$ = 30 Rubel. Heute notiert der Rubel 1 / 60. Viele Produkte sind schlichtweg nicht mehr lieferbar oder unerschwinglich. Doch wie reagiert der einfache Russe? Besonders wir Deutschen sollte das aus unserer gemeinsamen, leidvollen Vergangenheit eigentlich Wissen. Zuerst einmal wird repariert und improvisiert und dann gibt es da eine riesige Grenze im Osten. Dem roten Drachen ist unser Embargo schlichtweg egal. Er liefert, zwar minderwertige Ware, aber die Leute bekommen Ihre Bedürfnisse befriedigt. Ein Embargo, wird den Russen niemals zum Einlenken bewegen – nicht heute und nicht in hundert Jahren, besonders dann, wenn die Asiaten fleißig Kasse machen und auf unsere Moral schei……

Kommen wir zurück zu meinem Leben. Es ist zwischenzeitlich bereits 19:30, meine Plastikflasche „Bavaria brown“ leert sich und ich sollte so langsam ins Hotel. Mein Hotel ist sogar bei booking.com gelistet: Mini Hotel Hutorok

Ich finde, es wird nur etwas zu positiv angeboten, aber vielleicht gibt es da noch Etagen, die ich nicht gesehen habe.

Nun geht es doch noch in die Verlängerung! Es schlägt 20:15, das Bierlokal gehört Leuten aus Armenien 🇦🇲 und im Fernsehen läuft Italien gegen Armenien. Bereits nach 2 Minuten ist hier der Teufel los. Ich bleibe noch und melde mich in den nächsten Tagen. Gerade schießt Armenien ein Tor.

Es wurde ein langer Abend, Armenien verlor zwar 1:3 aber ich wurde zum Essen und Trinken eingeladen.

6.9.

Kirill und seine Frau habe mich ab 17:00 zu einem Ausflug, in die nächsten Großstadt (Astrachan) eingeladen. So brausen wir pünktlich in Kirills Auto in die City. Ich habe nicht nachgeschaut, aber ich denke so ca. 500T bis 1 Mio. Menschen leben hier. Besonders erwähnenswert ist der historische Kremel dieser Stadt. Das gut erhaltene Zentrum mit Stadtmauer, Verwaltungsgebäuden und der obligatorischen Kirche.

Danach ging es in einen Kaviarladen zum Probieren. Dieses Touristenmotiv darf nicht fehlen!

Wir bunkerten in einem Supermarkt noch ein paar Büchsen „Bud“(weiser) und getrockneten Fisch als Knabberei. Dann fuhren wir zurück und die Beiden luden mich zu sich, in Ihr Haus ein. Sie tischten dann noch Lachskaviar und gefrorener Fisch auf. Laut Kirill sind diese kleinen, ganzen Fische eine Delikatesse und kommen nur in Wolgadelta vor. Sogar bis Moskau sollen sie exportiert werden. Ich will nicht verschweigen, dass dies schon etwas gewöhnungsbedürftig war. Tiefgefrorene ca. 8cm lange Fische, die man zuerst auseinander reißt und dann nur das Filet (den Loin) entnimmt und ißt. Mit Bier schmeckt es tatsächlich!

Es wurde noch ein netter Abend, Google Translator und etwas guter Wille, führten zur Völkerverständigung. Aber halt, Olga die Frau von Kirill sprach zudem etwas deutsch, wir verstanden uns prima und ich wurde noch meine Gastgeschenke aus Deutschland los. Gegen 23:10 war für mich dann Schluß. Den Weg zum Hotel kenne ich zwischenzeitlich im Blindflug. Dort war große Disco angesagt, ich habe nichts mehr mitbekommen und schlief wie ein Stein.

7.9.

Heute habe ich dann einmal was wäre wenn durchgespielt. Was wäre wenn, die Maschine spätestens am kommenden Dienstag fertig würde und ich zudem meinem Fuß die Belastung zutraue. Viele wenn‘s!!!!

Um es kurz zu mache, es könnte immer noch funktionieren. Einzig die Rückreise von Batumi (Georgien), kann ich nicht per Schiff über das Schwarze Meer antreten. Ich muss die Landpassage durch die Türkei nehmen. Aber da fällt mir ein, es ginge auch per Poti (Georgien). Einziger Nachteil, es gibt keine festen Termine. Wie vor zwei Jahren werde ich dies erst sehr kurzfristig entscheiden können. Das sehen wir dann, wenn es soweit ist. Ich habe nun sowohl das Hotel im Iran als auch meine erste Unterkunft in Samarkant angeschrieben und die möglichen Termine angefragt. Mehr kann und will ich zu diesem Zeitpunkt nicht unternehmen. Was nützt es, wenn ich jetzt alle wild mache und spätestens am Dienstag alles zum zweiten Mal abblasen muß?

Der ADAC ist für mich eine Enttäuschung. Wir erinnern uns. Ich hatte bereits am 1.9. den Klub informiert und um Hilfe gebeten. Positiv war, man nahm direkt Kontakt mit mir auf und rief mich auf meine russische Nummer zurück. Die nette Dame faselte dann etwas von: „es wäre Hochsaison und viel zu tun“ und meiner Pflicht auf Schadensbegrenzung. Hier meinte sie dann ganz konkret die mögliche Rückführung der BMW. Als ob ich meine 🐮 freiwillig alleine lassen würde!! Ich nahm mir also ein Hotel zu ca. 7€, andere würden hierzu Loch sagen und lebe diese Schadensbegrenzung. Von Slava wußte ich bereits, dass da was fault ist. Er managt solche Rückführungen aus Russland und sollte es eigentlich Wissen. Ich schrieb also den ADAC an und bat darum, mir die Leistungen meiner Plusmitgliedschaft in meinem speziellen Fall mitzuteilen. Was soll ich sagen, der Erstkontakt war innerhalb von 3 Stunden erfolgt. Auf meine Anfrage, an die selbe Adresse warte ich seit 6 Tagen!!

Da es nun spannend wird und ich am Montag oder Dienstag sehen werde, ob Kirill erfolgreich sein wird, muß ich auch eine andere Option berücksichtigen. Die Laufzeit meines Transitvisums darf ich nicht aus dem Auge lassen. Aus diesem Grund habe ich mich in mein ADAC Konto geloggt und meine Tarifdetails nachgeschlagen. Was soll ich sagen, ich müßte nur 3 Tage warten. Erfolgt bis zu diesem Zeitpunkt keine Reparatur, habe ich Anspruch auf Rücktransport (das sind ca. 3-4T€), einen Rückflug (ca. 250€), einen Dolmetscher (max. 160€) sowie Ersatz der Hotelkosten (max. 3 * 85€). Nun ist mir klar, warum ich keine Antwort vom ADAC bekomme. Auch hier wird es somit am kommenden Mittwoch spannen, läuft die 🐮 bis dahin nicht, bekommt sie einen Heimtransport deluxe, lieber ADAC.

Nun sind es 20:45, ich sitze bei den Armeniern, schlürfe meinen zweiten Liter Bavaria Brouwn und schaue England gegen Bulgarien. Ich muß nicht extra erwähnen, daß ich bereits eingeladen wurde. Die Armenier mögen mich und ich Sie. Eine Einladung eines Gastes zum Fischen auf dem Kaspischen Meer habe ich abgelehnt. Das ist mir zu weit weg und zu unsicher. Ich will meinen Fuß so spät wie nur möglich solchen Belastungen aussetzen.

8.9.

Ich checke mehrmals täglich den Status der Warensendung. Bisher nichts. Für abends hatte ich dann armenisches Kotelett vorbestellt.

Das wird hoffentlich mein letzter Abend in Russland. Spätestens am 11.9. morgens schließt sich das Fenster zum Aufbruch. Aus diesem Grund habe ich meine Unterkünfte in Usbekistan erneut gebucht. Internet sei Dank. Jetzt hoffe ich nur, dass ich am Mittwoch nicht wieder alles stornieren darf.

9.9.

Nichts, ich habe den ganzen Tag gewartet. Keine Rückmeldung vom ADAC. Kein Vollzug von boxberry.ru was die Warensendung betrifft. Ich beiß langsam in die Tischplatte!

Einzig der Helm ist repariert

und mein Fuß heilt langsam aber sicher. Vielleicht ist diese Zwangspause auch gut. Vor 2 Tagen wäre es sehr problematisch gewesen mit diesem Fuß längere Strecken zu fahren. Ich weiß auch jetzt noch nicht ob es funktionieren könnte. Ich will so gerne den „Registran“ sehen!

10.9.

Wie schön, Sie steht wider

Es sind kurz vor 19:00 und Kirill teilt mir mit, daß die 🐮 läuft. Endlich. Für seine Dienste will er 10.000 Rubel. Ich packe meine Sachen und mache mich auf den Weg zu Kirills Haus. Auf den ersten Blick, sieht man nichts mehr. Eine Probefahrt verläuft auch zu meiner Befriedigung. Das gibt dann einen Bonus von 2.000 Rubel für Kirill. An das Cockpit muß ich mich gewöhnen. In Deutschland stehe ich schon in Verhandlungen, um ein gebrauchtes mit km/h Einteilung zu bekommen. Für den gerissenen Scheinwerfer habe ich bereits in der Bay einen Ersatz ersteigert. Alles in allem, beläuft sich der Schaden auf unter 700€.

Morgen breche ich auf, Richtung Kasachstan. Mein Weg führt mich nach Oralsk. Dass liegt ganz im Nord-Osten und direkt an der Grenze zu Russland. Habe ich Schwierigkeiten ziehe ich die Option meines russischen Transitvisums und reise wider nach Russland ein, um auf direktem Weg Richtung Ukraine und Heimat aufzubrechen. Klappt es besser als ich denke, besteht auch immer noch die Option, weiter Richtung Usbekistan 🇺🇿 zu fahren. Ich halte dies für sehr unwahrscheinlich aber möglich. Es hängt jetzt alles vom Straßenzustand und dem Vorderreifen ab.

7 Gedanken zu “Russland – Game Over (31.8. – 10.9.19)

  1. Jürgen Von Wirth

    Hallo Ralf, was für ein Mist 😔. Ich drücke Dir fest die Daumen, dass es Dir bald wieder besser geht und Dein Motorrad repariert werden kann. Bitte halte uns aus dem laufenden. Bis bald. Viele Grüße Jürgen

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  2. Dieter und Sony

    Hallo Ralf, haben gerade von deinem Unfall gelesen. Was für ein Pech! Andererseits: hätte noch scheisserer laufen können, “ Nur“ der Fuß, der wächst schon wieder zusammen. Gut, dass nix Schlimmeres passiert ist. Alles andere ist unwichtig und lässt sich nachholen. Lass dich nicht unterkriegen und nutze die Zeit zum Relaxen. Schau mal, was es an landestypischen Leckereien gibt und kauf reichlich ein. Wir feiern dann deine Rückkehr mit dem Vodka vom letzten Jahr. Kaviar ist ja bestimmt schon aus. Mach das Beste aus der unschönen Situation und komm in einem Stück wieder nach Hause und mach Bilder von dem Fuß, solange er noch bunt ist. Bitte informiere uns weiterhin wie es dir und dem Moped geht. Alles Gute Dieter und Sony

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  3. MK897

    Hallo „ralfimpech“,
    am Samstag noch die georgischstämmige Sängerin Katie Melua bei den Kurparkclassixs bewundert, wie sie u.a. ein Lied in ihrer Muttersprache gesungen hat. Bei dieser Gelegenheit auch an die Motorradreise des Kollegen gedacht, die ihren Beginn in Georgien hatte.
    Schade, dass der Traum von Seidenstraße & Co. ein so schnelles Ende gefunden hat. Und dies nach monatelanger akribischer Vorbereitung.
    Kein richtiger Trost, aber: Vielleicht ist „ralfglückimunglück“ der bessere Ausdruck, den es hätte auch schlimmer kommen können!
    In diesem Sinne: Weiterhin positive Erfahrungen mit hilfsbereiten Menschen vor Ort und eine gute Heimkehr!
    M.K.

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  4. Ralf

    Schade, Ralf. So viel Arbeit und Organisation und nun zunächst alles perdu. Aber vielleicht kannst du die Sache nächstes Jahr nochmals angehen. Jetzt ist es erst einmal wichtig, dass dir nichts Übles passiert ist und du den Rücktransport geregelt bekommst. Dank deiner Helfer sehe ich das positiv….. und der ADAC wird das ja wohl hinbekommen.
    Übrigens; Bänderdehnungen können auch diese Symptome verursachen, hoffentlich ist nichts angebrochen. Prellungen sind schmerzhaft, aber du kommst an einer OP vorbei – ich drücke jedenfalls beide Daumen.
    Good Luck ….
    Gruß Ralf

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  5. barbara

    So kann man die Spannung halten!!!!!! 😉
    Ich hoffe und wünsche dir, dass es bald weiter geht, mit der Kuh und dem Fuss. Dann kannst du vielleicht doch noch einen Teil deiner Reise genießen.Morgen viel Spaß beim Fischen. Denke daran, Dani ist nicht dabei, du musst deine Mahlzeit schon selbst fangen :-).
    Lass es dir gut gehen und paß auf dich auf.
    Bis bald.

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